Agiles Projektmanagement mit Scrum aus Kundensicht
Teil 2: Die Rolle des Product Owner auf Kundenseite
Dank der Methodik Scrum und dank erfolgreicher Product Owner auf Kundenseite konnten wir in der +Pluswerk AG etliche, komplexe Webprojekte zu wahren Erfolgsstorys machen.
Wenn ein Projektverantwortlicher auf Kundenseite zum ersten Mal mit Scrum arbeiten soll, kommt es verständlicherweise oft zu Unsicherheiten.
“Was muß ich dabei alles beachten?”, “Wie soll ich das bloß bewältigen?” oder “Ich bin damit heillos überfordert!” - sind oft Aussagen, die am Anfang eines großen Web-Projektes stehen. Kaum zwei Wochen nach dem ersten “Sprint” kann sich keiner mehr an die so geäußerten Befürchtungen erinnern. Denn das Verfahren überzeugt.
Dieser Leitfaden soll Ihnen Ihre Sorgen schon vorher nehmen und Sie direkt von den Vorteilen überzeugen, Ihre Rolle als Product Owner aufzeigen, was Sie leisten müssen und worauf Sie achten sollten.
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Der Product Owner
Die Rolle des Product Owner ist in Scrum von genau einer Person besetzt. Er oder sie ist für die Wertsteigerung des Produktes im Entwicklungsprozess zuständig und formuliert und priorisiert die Anforderungen.
Da die Umsetzung Ihrer Anforderungen im Scrum-Prozess inkrementell und in enger Abstimmung mit Ihnen erfolgt, wird auf Ihrer Seite ebenfalls ein zentraler Ansprechpartner und Entscheider benötigt. Wir nennen diese Person: Product Owner auf Kundenseite.
Auf unserer Seite gibt es einen ausgebildeten Product Owner, der dem Product Owner auf Kundenseite, zur Seite steht und in enger Abstimmung, sowohl die konzeptionellen als auch die operativen Aufgaben dieser Rolle im Projekt mit übernimmt. Die Product Owner arbeiten während des Projekts, in regelmäßigem Austausch zusammen, um diese Rolle gemeinsam auszufüllen. Dank dieses Teams zweier Product Owner müssen Sie keine Sorge haben. Wir nehmen Sie stets an die Hand und übersetzen Ihre Wünsche und Anforderungen in die korrekte Sprache einer User Story.
Die letztendliche Entscheidungshoheit über den Inhalt der User Stories, die Priorisierung des Backlogs, sowie die offizielle Abnahme erledigter User Stories, obliegt allerdings dem Product Owner auf Kundenseite. Somit ist das Ruder stets in der Hand des Kunden, dem wir sowohl beratend und konzeptionell als auch operativ stets in direktem Austausch zur Seite stehen.
Der Product Owner ist für das Projekt somit der zentrale Ansprechpartner für das Scrum-Team. Das bringt mit sich, dass er oder sie Entscheidungen für das Projekt allein treffen oder intern zeitnah herbeiführen können muss.
Meine Fragen
- Was, nur eine Person soll während der Entwicklung der Ansprechpartner auf unserer Seite sein?
- Was muss der Product Owner auf Kundenseite mitbringen?
- Wieviel Zeit ist dafür notwendig?
- Das bedeutet doch Arbeit! Muss das denn unbedingt sein?
- Welche Aufgaben hat der Product Owner auf Kundenseite konkret?
- Welche Aufgaben fallen nicht in den Bereich des Product Owner?
- Welche Skills sollte der Product Owner mitbringen?
Was, nur eine Person soll während der Entwicklung der Ansprechpartner auf unserer Seite sein?
Ja. Beim Product Owner laufen alle Fäden auf Kundenseite zusammen. Es wird diese eine Person benötigt, die während der Entwicklungszeit verbindliche Entscheidungen im Sinne des Projektes trifft, das Projekt auf Seiten des Kunden mit organisiert und an allen Kernmeetings teilnimmt.
Natürlich wird er oder sie durch ein Team unterstützt, das entsprechendes Fachwissen einbringt. Was das im Einzelnen bedeutet, wird nachfolgend klar.
Was muss der Product Owner auf Kundenseite mitbringen?
Der Product Owner sollte aus dem Bereich Kommunikation oder IT in das Projekt entsendet werden!
Ein Launch oder Relaunch einer Website ist ein Projekt der Bereiche IT und Kommunikation. Der Product Owner sollte aus einem dieser beiden Bereiche stammen, um die Anforderungen dieses Bereichs einbringen zu können.
Er oder sie sollte Unterstützung in Form eines kurzfristig erreichbaren Ansprechpartners aus dem jeweils anderen Bereich erhalten, um auch die jeweils andere Perspektive in das Projekt einbringen zu können.
Der Product Owner muss für das Projekt bereitgestellt werden und die notwendige Zeit, sowie die notwendigen Entscheidungsbefugnisse im Rahmen des Projektes haben!
Dies bedeutet auch, dass ein gewisses “Standing” erforderlich ist, um beispielsweise intern zeitnah an benötigte Informationen oder Personen zu kommen, um Entscheidungen, die nicht autark getroffen werden können, intern zeitnah herbeizuführen, oder auch um getroffene Entscheidungen mit in die Organisation hineinzutragen.
- Konzentrieren sie sich auf ihre Wünsche und Anforderungen aus fachlicher Sicht!
- Als Product Owner sind sie befreit von technischen Projektentscheidungen, die übernimmt das Entwicklungsteam.
- Als Product Owner brauchen Sie sich nicht um die Organisation des Projektverlaufes kümmern, das übernimmt der Scrum Master für Sie.
- Als Product Owner müssen Sie nicht wissen, wie Ihre Anforderungen in fachlich korrekte Anforderungsbeschreibungen zu transferieren sind, das übernimmt unser Product Owner.
Sie können sich allein auf Ihre Anforderungen konzentrieren, diese mit Ihren Kolleginnen und Kollegen abstimmen und dann diese Wünsche einbringen. Sie fokussieren sich rein auf das WAS, um das WIE kümmern wir uns.
Wieviel Zeit ist dafür notwendig?
Für den Product Owner sind alle offiziellen Scrum-Meetings essenziell. Hier eine beispielhafte Aufstellung, wie sie in der Praxis häufig stattfindet.
In Sprintwochen:
In Sprintwochen: | ||
Montag | 9.30 bis 11.30 | Sprintplanning I & Sprintplanning II |
Dienstag-Freitag | 10.00 bis 10.15 | Daily Scrum |
Freitag | 15.00 bis 16.00 | Review |
Freitag | 16.00 bis 17.00 | Retrospektive |
Bei +Pluswerk folgt in der Regel nach jeder Sprintwoche eine sprintfreie Woche. Aus- nahmen kann es geben, sofern dies vom Scrum Master als sinnvoll erachtet wird.
In den sprintfreien Wochen finden meistens vorbereitende “Backlog Refinements” unter den Product Ownern statt, um das Product Backlog zu pflegen und für die nächsten Sprints vorzubereiten. Dabei werden Anforderungen konkretisiert und in Form von User Stories für das Entwicklungsteam so vorbereitet, dass diese beim nächsten Backlog Refinement mit dem Team effizient besprochen und geschätzt werden können.
Sofern sinnvoll, werden diese Meetings vereinzelt auch um weitere Teilnehmer, aus dem Expertenkreis des Kunden erweitert (z.B. Administratoren und andere IT-Fachleute), wenn das konkrete Vorbereiten der jeweiligen Themen dies erfordert. Der Scrum Master und der Designer wohnen diesem Meeting bei Bedarf ebenfalls bei.
Der Zeitaufwand liegt, für den Product Owner auf Kundenseite, unserer Erfahrung nach bei 8- 12 Stunden pro Woche.
Das bedeutet doch Arbeit! Muss das denn unbedingt sein?
Im agilen Prozess baut jedes Inkrement stets auf das vorherige auf. Das bedeutet, es ergeben sich zahlreiche Anforderungen und Details während des Projektes auf Basis der bisher geleisteten Entwicklungen und Erkenntnisse.
Eine Website ist ein komplexes Konstrukt. Ebenso komplex und vielschichtig sind die Entscheidungen und Erkenntnisse, die während einer agilen Entwicklungsphase eine Rolle spielen und dabei unterschiedlichste Teilaspekte in Betracht ziehen und abwägen.
Um nun Entscheidungen im Sinne des Projektes treffen zu können, ist es notwendig, an allen Kernmeetings und Backlog Refinements teilzunehmen, um die gemeinsamen Diskussionen und auch die daraus resultierenden Aufwandsabschätzungen und Entscheidungen nachvollziehen zu können.
Zahlreiche Entscheidungen und Details sind dabei direkt und unmittelbar zu treffen.
Dabei können selbstverständlich nicht alle Bereiche vom Product Owner allein abgedeckt werden. Deshalb benötigt der Product Owner ein Team um sich herum, welches ihm in der Entwicklungszeit zur Seite steht. Was für Personen das sind, ist von Projekt zu Projekt unterschiedlich.
Hier einige Beispiele aus der Praxis:
- Einen Administrator, der während des Projektes greifbar ist und ggf. mit an Besprechungen teilnehmen kann. Vor allem, wenn ein eigener Server betrieben wird. Er bringt sein Fachwissen zur Serverarchitektur ein und stellt zu Beginn evtl. Anforderungen an das technische System.
- Kolleginnen und Kollegen aus der Kommunikations- und Presseabteilung, die Aussagen zu Workflows treffen und Anforderungen definieren können. Gerade ein Webrelaunch ist ein Kommunikationsprojekt. Zudem gilt es Fragen zum CD und Vorgaben und Anforderungen an das Design zu klären. Denn wir wollen natürlich gemeinsam mit dem Webrelaunch ein einheitliches Erscheinungsbild schaffen.
- Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter aus der IT, um technische Fragen zu bisher verwendeten Modulen oder Techniken zu klären, denn der Webauftritt soll nahtlos auch in bestehende andere Systeme integriert werden. Gerade bei Schnittstellen ist deren Expertise enorm wertvoll.
- Eine Vertreterin oder ein Vertreteter aus einem oder mehreren Fach- bereichen, um inhaltliche Fragen klären zu können. Denn der Webrelaunch soll ja allumfassend Produkte und Leistungen repräsentieren. Hier ist das Fachwissen aus den einzelnen Bereichen Gold wert.
Dank dieses strukturierten Verfahrens wird die benötigte Arbeitszeit transparent und planbar. Sie können sich als Product Owner schon im Vorfeld Ihre Zeiten blocken, dies in Ihren Arbeitsalltag integrieren und behalten so weiterhin die Kontrolle über Ihre Prozesse.
Und sind wir ehrlich: Im klassischen Projektablauf müssen Sie als Projektleiter eher noch mehr Zeit investieren, nur wissen sie nicht exakt wann wieviel Ihrer Zeit gefordert wird.
Da es, aufgrund von Entfernungen und dem damit verbundenen Zeitaufwand, in der Regel nicht realistisch ist, bei jeder Besprechung an einem Tisch zu sitzen, findet ein Großteil der Besprechungen remote per Videokonferenz statt.
Der Product Owner benötigt für die Videokonferenzen unbedingt einen Rechner mit einem für Videotelefonie ausreichend schnellen Internetzugang und idealerweise eine Webcam und ein Headset.
Welche Aufgaben hat der Product Owner auf Kundenseite konkret?
- Ist für das Scrum-Team der Haupt-Ansprechpartner auf Kundenseite.
- Alle Anforderungen kommen zentralisiert über den Product Owner auf Kundenseite bei uns an.
- Nimmt regelmäßig am Backlog Refinement, Sprint Planning und Sprint Review teil und wohnt nach Möglichkeit auch regelmäßig dem Daily Scrum bei.
- Bereitet zusammen mit dem Product Owner auf Agenturseite User Stories für die Sprints vor.
- Nimmt die vom Dev-Team abgearbeiteten User Stories beim Review verbindlich ab.
- Behält zusammen mit dem Agentur Product Owner den Umfang des Projektes, den Fahrplan und die noch offenen Epics/Stories im Blick.
- Ist in der Lage und befugt, Entscheidungen für das Projekt zu treffen. Hat “das letzte Wort” auf Kundenseite.
- Sorgt in der Organisation dafür, dass fehlende Informationen zeitnah an das Team geliefert werden.
- Trägt zum Projekterfolg bei, indem Stories so erstellt werden, dass sie von Inhalt, Umfang und Ausrichtung sowohl das Entwicklungsteam ideal auslasten als auch dem Projektbudget entsprechen.
Welche Aufgaben fallen nicht in den Bereich des Product Owner?
- Macht keine Vorgaben WIE User Stories technisch umzusetzen sind. Entscheidet nicht, wie viele User Stories in einen Sprint passen.
- Nimmt aus einem laufenden Sprint keine Aufgaben heraus und fügt auch keine hinzu.
- Ändert während des laufenden Sprints keine Anforderungen oder Akzeptanzkriterien von User Stories, die im jeweiligen Sprint umgesetzt werden oder die schon besprochen und geschätzt wurden.
- Ändert keine Kerntermine.
Welche Skills sollte der Product Owner mitbringen?
- Begeisterung - Wenn Sie für den Webrelaunch brennen und Spaß am Gestalten des virtuellen Auftritts Ihres Unternehmens oder Ihrer Organisation haben, dann ist das bereits die “halbe Miete”.
- Neugier - lernen Sie Scrum kennen und schätzen. Lassen Sie sich ein auf das strukturierte Verfahren, das Ihnen viel Organisatorisches und Technisches abnimmt und Ihnen viel Raum für Fachliches gibt.
- Kommunikationsstärke - überzeugen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen jeden Tag von ihrem Produkt. Sie müssen dranbleiben, denn in der engen Taktung der Projektumsetzung liegt die enorm hohe Effizienz. Diese fordert Ihre Durchsetzungskraft, um auch intern jeden mitzunehmen.
- Prokura - sie brauchen den Rücken frei. Ihre Vorgesetzten müssen hinter Ihnen stehen und Ihnen in der Projektphase die notwendige Zeit einräumen und Ihre Position als Projektverantwortlichen stärken.
- Fachwissen - aber kein technisches Wissen und auch keine Erfahrung mit Scrum! Denn wir nehmen Sie an die Hand. Durch unser Konzept der zwei Product Owner führen wir Sie effizient in das Verfahren ein und das Entwicklungsteam kümmert sich um die beste technische Umsetzung. Sie brauchen Fachwissen zu dem, was Sie haben wollen. Sie kennen Ihr Unternehmen bzw. Ihre Organisation und können dadurch die Anforderungen genau beschreiben.
- Netzwerken - denn Sie müssen mit vielen intern reden. Sie müssen wissen, mit wem sie reden sollten, wen sie aktiv in den Prozess einbinden und welche Stakeholder tatsächlich relevant sind. Sie sind schon mehr als 2 Jahre vor Ort? Perfekt - dann kennen Sie bereits alle Protagonisten.
- Erfahrung - die darf nicht unterschätzt werden, aber wenn Sie mindestens 3 Jahre beruflich aktiv sind, können Sie schon auf zahlreiche Meetings, Projektabläufe und Flurgespräche zurückblicken. Sie wissen um informelle Kommunikation Bescheid und können sich entsprechend durchsetzen.
Ein Beitrag von:
Hans-Jörg
Hans-Jörg ist Geschäftsleitungsmitglied und Managementberater bei +Pluswerk in Dortmund
Schreiben Sie ihm unter info(at)pluswerk(dot)ag
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